Neben der Botschaft, der Geschichte und den verwendeten Bildern sind auch die verwendeten Schriftarten bei einer Präsentation wichtig. Die Schrift soll unseren Vortrag/unsere Botschaft unterstützen. Vielen von uns fällt es schwer, die «richtigen» Schriften auszuwählen. Und so verwenden wir die Standardschriften von Keynote oder PowerPoint.
Und das ist ja auch gut. Schliesslich haben sich die Profis bei Apple und Microsoft gut überlegt, welche Schriften als Standard verwendet werden. Aber worauf sollten wir achten, wenn wir diesen Weg verlassen wollen? Wie wählen wir Schriften aus? Was ist wichtig für eine Schrift, die wir in unseren Präsentationen verwenden wollen?
«Es ist nur eine feine Linie zwischen ‹einfach, sauber und mächtig› und ‹einfach, sauber und langweilig›.»
— David Carson im Film Helvetica
David Carson ist ein bekannter amerikanischer Designer und Schriftgestalter. Als eine der Leitfiguren der «Grunge-Typographie» sind ihm einfache, saubere – lesbare – Schriften suspekt. Er sieht die Schrift weniger als Transportmittel für Worte und mehr als Designelement, das dem Text Ausdruck verleihen soll. Für einen künstlerischen Text ist das sicher ein guter Ansatz. Aber bei Gebrauchstexten ist die Lesbarkeit wichtiger als der Ausdruck.
Ein paar grundlegende Tips
- – Nicht zu viele Schriftarten: Auch wenn wir auf jeder Folie eine neue Schrift verwenden könnten, ist das keine gute Sache. Es bringt Unruhe in die Präsentation. Stellen wir uns einfach vor, unsere Schrift hätte auf jeder Folie eine andere Farbe.
- – Nicht zu viel Text! Wenn wir es irgendwie vermeiden können, sollte nicht viel Text auf unseren Folien sein.
- – Schriftgrösse und Zeilenabstand: Die Texte sollen auch aus der letzten Reihe noch gut zu lesen sein. Auch den Zeilenabstand müssen wir anpassen. Je kürzer die Zeile ist, umso kleiner wird der Zeilenabstand.
«Coole» Schriften vs. Lesbare Schriften
Natürlich hat David Carson recht. Wenn wir mit ganz einfachen und sauberen Schriften arbeiten, bestünde die Gefahr, dass sie langweilig wirken. Wenn wir aber der Versuchung erliegen, eine besonders coole Schrift zu verwenden, riskieren wir schwer lesbare Texte. Damit lenkt das Entziffern unseres Textes unser Publikum von dem ab, was wir sagen. Und eigentlich wollen wir unsere Worte ja eher unterstützen.
Ich sehe die Schriftart dabei wie Luft: Wenn wir sie bemerken, ist sie meist schlecht (frei nach Erik Spiekermann).
Eine Präsentation ist wie eine Beschilderung auf der Autobahn oder an einem Flughafen: Sehen, erkennen und verstehen muss schnell gehen. Verwenden wir eine verspielte Schrift, schadet das oft der Konzentration auf das Wesentliche (unseren Vortrag).
Welche Fonts also für eine Präsentation?
Es gibt viele Fonts, die für Beschilderungen geeignet sind. Ich verwende sehr gerne die Frutiger von Adrian Frutiger. Da das eine kostenpflichtige Schrift ist, ist sie vielleicht nicht für alle die richtige Wahl.
Generell ist auch die Myriad® Pro eine gute Wahl - auch kostenpflichtig. Man kann auch sehr gut mit den Standardfonts der Präsentationsprogramme leben oder sie durch entsprechende Systemschriften ersetzen. Unter Windows sind zum Beispiel Calibri, Constantia und Cambria eine gute Wahl. Unter Mac OS wären Futura oder Verdana kostenlose Optionen.
Wir sollten eine Serifenlose Schrift verwenden, die schön «luftig» ist. Adrian Frutiger sagt, dass die Lesbarkeit nicht von dem abhängt, was wir als Buchstaben sehen, sondern vom leeren Raum. Was übrigens für jede Form von Design gilt.
Und was können wir im Handout verwenden?
Im Handouts werden oft auch Serifen verwendet. Grade in langen Texten können wir diese Schriften besser und ermüdungsfreier lesen. Aber auch serifenlose Schriften, wie Myriad® Pro, Frutiger, Helvetica, Univers oder – wenn's nicht anders geht – auch Arial sind für längere Texte geeignet.
Viele Firmen haben heute für ihre Drucksachen eine Serifenlose Schrift definiert. Da würde ich mich drauf verlassen, dass bei der Erstellung des Corporate Design ein kompetenter Typograph oder Designer beteiligt war und mit dessen Wahl arbeiten. (Wenn irgendwo Comic Sans als Font definiert ist, sollte man grade geschriebenes aber in Frage stellen.) Das Handout ist auch eine gute Möglichkeit, das Corporate Design zu integrieren. Statt auf jeder Folie unser Logo zu zeigen, können wir das besser im Handout unterbringen.
Noch ein paar Kleinigkeiten
Es gibt da noch zwei Dinge, für die uns – wenn wir sie vernachlässigen – alle Typographen hassen werden. Wenn wir das richtig machen, werden uns aber nicht nur die Typographen lieben. Ein bisschen Sorgfalt hilft auch unserem Publikum.
Anführungszeichen
In ganz Europa werden verschiedene Anführungszeichen verwendet. In Deutschland sind es die „doppelten Anführungszeichen unten und oben“ und seltener die »Guillemots nach innen«, in der Schweiz sind es die «Guillemots nach aussen»; in Frankreich hat's dann noch « einen zusätzlichen Abstand » und die Engländer arbeiten mit “Anführungszeichen oben”.
Die doppelten Anführungszeichen, die wir alle so gerne verwenden, weil sie direkt auf der Tastatur zu finden sind, sind ein typographisches Verbrechen. Das selbe gilt übrigens auch für das Apostroph.
Die Verwendung der korrekten Anführungszeichen in einer Präsentation ist primär ein Zeichen von Sorgfalt und fällt sicher nicht jedem auf. Bei Handouts dagegen verbessert es den Lesefluss.
Gedankenstrich
Der Gedankenstrich ist etwas länger als der horizontale Strich – das Minus, das wir so bequem auf der Tastatur finden. Das mehr an Länge im «echten» Gedankenstrich gibt mehr Raum, unserem Auge also mehr Zeit zum Verweilen.
Und was heisst das jetzt?
Es gibt keine «richtige» Lösung, kein «Benutze immer Helvetica», kein «Schmuckschriften sind grundsätzlich schlecht». Aber bei der Wahl und dem Satz unserer Schriften sollten wir immer Folgendes vor Augen haben: Wir wollen das Publikum beim Aufnehmen unserer Botschaft – oder auch unserer Informationen – unterstützen.
Mit ausgefallenen Schriften können wir Akzente setzen. Wir sollten aber der Versuchung widerstehen, Akzente vorrangig mit Schriftarten zu setzen. Schriften haben das Hauptziel, einen lesbaren Text zu formen.
«Wenn Du Dich an die Form des Löffels erinnerst, mit dem Du die Suppe gegessen hast, dann war es eine schlechte Form. Löffel und Letter sind Werkzeuge: Das eine nimmt Nahrung aus der Schale, das andere nimmt Nahrung vom Papierblatt. Die Schrift muss so sein, dass der Leser sie nicht bemerkt ...»
— Adrian Frutiger
Schlecht lesbare Schriften als «Lernhilfe»
Laut einer aktuellen Studie werden Inhalte, die schwerer lesbar sind, besser behalten als leicht zu lesende Texte. Daran glaube ich nur eingeschränkt. Klar hilft es, den Leser künstlich dazu zu zwingen, langsam und konzentriert zu lesen.
Auf der anderen Seite ist das Risiko der Ermüdung bei längeren Texten gross. Und manchmal ist man von schlechterer Lesbarkeit auch nur genervt und gibt deswegen das Lesen auf.
Die Idee hat etwas. Aber sie kann maximal für Handouts gelten. Bei den Folien ist es nicht wichtig, dass die Zuhörer (!) sich die Punkte auf der Folie besonders gut merken können. Es ist wichtig, dass sie der Geschichte folgen und die Botschaft verstehen.