Am 28. März 2012 ist die zweite (überarbeitete) Ausgabe von Garr Reynolds' (Twitter: @presentationzen – Blog: presentationzen.com) Zen oder die Kunst der Präsentation erschienen. Es ist die deutschen Ausgabe von Presentation Zen.
Die englische Ausgabe habe ich bereits im Dezember erhalten und gelesen. Für mein Review wollte ich aber auf die Verfügbarkeit der deutschen Ausgabe warten. In der Folge könnt Ihr lesen, was neu ist, was geblieben ist und ob es sich lohnt, die zweite Ausgabe zu kaufen.
Was ist neu?
Wenn man sich das Inhaltsverzeichnis anschaut, fallen zwei Dinge auf: Zum einen hat die zweite Ausgabe rund 70 Seiten mehr, was auch schon auffällt bevor man das Buch aufschlägt. Und zum anderen gibt es ein vollständig neues Kapitel «Engagement ist notwendig» zum Thema Vortrag.
Garr hat wirklich alles überarbeitet; an einigen Stellen Formulierungen verbessert, an anderen die Inhalte aktualisiert und erweitert (auch im Bereich Präsentationen hat sich seit der ersten Ausgabe von Anfang 2008 einiges getan). Und natürlich gibt es neue Beispiele, Studien und Gastbeiträge.
Zum neuen Kapitel «Engagement ist notwendig» sei zunächst angemerkt, dass die Übersetzung ins Deutsche etwas holprig ist (wie bei so vielen Übersetzungen). Es geht nämlich darum, aus passiven Zuhörern und Zuschauern mehr zu machen – nämlich aktive Teilnehmer.
Und dabei helfen uns Emotionen. Sie integrieren die Teilnehmer, machen sie zu einem Teil unseres Vortrages.
Dazu brauchen wir einerseits unsere authentischen Emotionen (nichts wirkt unglaubwürdiger als gespielte Begeisterung). Andererseits müssen wir auch die Emotionen unserer Teilnehmer wecken. Garr beschreibt hier sehr gut, wie wir ein Gemeinsamkeitsgefühl finden, welche einfachen Ideen dabei helfen, die Lücke zwischen Präsentierendem und Publikum zu schliessen.
Dieser Bereich ist besonders für die IT-Branche (in der ich arbeite) und für die Deutschsprachigen (was ich bin) schwierig. Wir «wissen», dass nur harte Fakten zählen und Emotionen generell unprofessionell sind. Professionell oder nicht: Gefühle sind der beste Weg, näher zu unserem Publikum zu kommen, es zu erreichen.
Was ist geblieben?
Zen oder die Kunst der Präsentation ist meiner Meinung nach immer noch das Standardwerk für den Einstieg in die Welt der besseren Präsentationen. Durch die Erweiterungen ist es aber vollständiger, runder geworden.
Garr führt uns durch die wesentlichen Schritte für eine gute Präsentation: Die Vorbereitung, das Design und den Vortrag.
Der Aufbau ist wie gehabt: Nach einer allgemeinen Einleitung geht es zunächst um die Vorbereitung und Planung, dann um das Design der visuellen Hilfen (Folien) und zum Schluss um den Vortrag selber.
Das Buch ist immer noch ein hervorragendes Beispiel für liebevolles Design. Und auch der Inhalt des Buches bleibt hochwertig: Dank eines roten Fadens und vieler klarer Beispiele versteht man die Gedanken und Ideen sehr gut. Es fällt leicht, diese in eigenen Präsentationen anzuwenden.
Und wie ist die zweite Auflage so?
Ich persönlich war schon von der ersten Auflage begeistert und habe sie als «Handout» für meine Workshops und Coachings verwendet. Ausserdem habe ich sie häufig an Freunde, Arbeitskollegen und Kunden verschenkt (Vorsicht, unkommentiert kann das als Kritik aufgefasst werden!). Insgesamt habe ich sicher so um die 200 Exemplare (Englisch, Deutsch und Französisch) der ersten Auflage gekauft und weitergegeben. Man könnte also sagen, dass ich überzeugt bin.
Garr hat es tatsächlich geschafft, dass die zweite Auflage runder, vollständiger ist. Nach dem Lesen der zweiten Auflage, fehlt mir in der ersten was.
Oder um es kurz zusammen zu fassen: Die zweite Auflage ist eine verbesserte Version einer bereits hervorragenden ersten Auflage.
Soll ich es kaufen?
Wer besser (und anders) präsentieren will, neue Ideen sucht und bereit ist, vom normalen «Death by PowerPoint» abzuweichen, für den ist dieses Buch der ideale Einstieg. Aber Vorsicht: Nach dem Lesen des Buches können Folgekosten entstehen, weil man plötzlich den Bedarf für weitere Bücher von Garr, Nancy Duarte, den Heath-Brüdern oder John Medina entwickelt (siehe Buchempfehlungen in der rechten Spalte).
Wer sich nicht für Präsentationen interessiert und nicht an seinen arbeiten will … der liest das hier wohl eh nicht.
Wer auf der Suche nach einer Anleitung zu PowerPoint (oder Keynote) und all den coolen Animationen ist, für den gilt: Kaufe dieses Buch! Es liefert keinerlei Anleitungen zu diesen Themen, aber es erklärt, warum man diese nicht oder nur sehr spartanisch braucht.
Wer die erste Auflage gelesen hat und das Buch seitdem im Schrank stehen hat, für den gilt: Um es nicht zu lesen, lohnt sich die Investition nicht. Aber es kann ein willkommener Anlass sein, die Ideen mal wieder aufzufrischen.
Wer die erste Auflage – so wie ich – immer mal wieder in den Händen hat, dem sei die zweite Auflage ans Herz gelegt. Mit dem zusätzlichen Kapitel und den vielen kleinen Ergänzungen ist die zweite Auflage definitiv ein Fortschritt und die Investition lohnt sich.
Warnung für Kindle-Benutzer
Die Version für den Kindle von Anfang 2012 ist immer noch die erste Auflage (zumindest war das Mitte April 2012 so). Die ist zwar auch schon ok (das Design ist auf dem Kindle naturgemäss wesentlich schwächer), aber ich würde doch eher noch einen Moment warten und dann die zweite Auflage kaufen – oder für sechs Euro mehr die Papierauflage kaufen.
Allerdings kann man hier bei Addison-Wesley das eBook (oder eine Kombination aus eBook und Papierversion) bestellen. Wichtig ist dabei aber, dass sie sie unter eBook folgendes verstehen: Eine PDF-Datei und die Möglichkeit zum Online-Lesen. Wer es also offline auf iPad oder Kindle lesen will: Es geht zwar mit dem PDF, ist aber nicht optimal.
Mehrere solche Erlebnisse haben bei mir den Eindruck gefestigt, dass Präsentationen nur schöne Verpackungen für Mist sind. Und wann immer mir jemand vorgeschlagen hat, mich doch mal mit Präsentationen oder PowerPoint zu beschäftigen, habe ich dankend abgelehnt. Schliesslich kann ich ja «was Richtiges» und will gar keinen Mist verkaufen. Also brauche ich auch nicht diese «Beraterfähigkeiten».
Aus meiner Erfahrung ist das sehr einfach: Wer besser präsentiert, erreicht mehr als jemand, der genauso gut ist, aber schlechter Präsentiert. Mit dem nötigen Wissen und Übung wird es leichter, andere von einem gemeinsamen Ziel zu überzeugen. Statt also auf der eigenen Idee zu sitzen und zu hoffen, dass endlich mal jemand versteht, wie gut sie doch ist, kann man raus gehen und aktiv Partner finden.
Neben der Botschaft, der Geschichte und den verwendeten Bildern sind auch die verwendeten Schriftarten bei einer Präsentation wichtig. Die Schrift soll unseren Vortrag/unsere Botschaft unterstützen. Vielen von uns fällt es schwer, die «richtigen» Schriften auszuwählen. Und so verwenden wir die Standardschriften von Keynote oder PowerPoint.
Natürlich hat David Carson recht. Wenn wir mit ganz einfachen und sauberen Schriften arbeiten, bestünde die Gefahr, dass sie langweilig wirken. Wenn wir aber der Versuchung erliegen, eine besonders coole Schrift zu verwenden, riskieren wir schwer lesbare Texte. Damit lenkt das Entziffern unseres Textes unser Publikum von dem ab, was wir sagen. Und eigentlich wollen wir unsere Worte ja eher unterstützen.
In ganz Europa werden verschiedene Anführungszeichen verwendet. In Deutschland sind es die „doppelten Anführungszeichen unten und oben“ und seltener die »Guillemots nach innen«, in der Schweiz sind es die «Guillemots nach aussen»; in Frankreich hat's dann noch « einen zusätzlichen Abstand » und die Engländer arbeiten mit “Anführungszeichen oben”.
Zuerst war da eine spannende Statistik: Nach einer grösseren Veranstaltung wurden sowohl die Sprecher als auch das Publikum zu den Vortragsqualitäten der Sprecher befragt. 86% der Sprecher schätzten sich als gute Kommunikatoren ein. Bei den Teilnehmern sah das Bild ein bisschen anders aus: Nur 17% schätzten die Kommunikation der Redner als gut ein. 83% der Zuhörer fanden die Präsentationen also eher schlecht. Ein schockierendes Bild.
An diesem Tag wurde mein Interesse am Präsentieren geweckt. Wie kann ich als Dozent verhindern, dass mir meine Studenten einschlafen, wie als Trainer, dass die Kursteilnehmer abschalten und – speziell nach dieser Erfahrung – wie schaffe ich es, dass auch in einem Statusmeeting alle Teilnehmenden am Ball bleiben? Mit anderen Worten: Wie kann ich die Aufmerksamkeit meiner Zuhörer erregen und diese dann auch bis zum Schluss halten?
Verschiedene Studien zeigen, dass wir nur wenige Sekunden (ungefähr 30) haben, um die Aufmerksamkeit unserer Zuhörer zu bekommen. Und danach haben wir nur wenig mehr als zehn Minuten, in denen wir diese Aufmerksamkeit halten können.
– Emotionen: Emotionale Situationen und Geschichten prägen sich uns besser ein als neutrale. Es gibt einige allgemeingültige Auslöser für Emotionen, die sich im Wesentlichen auf die folgenden Fragen zurückführen lassen: Kann ich es essen? Wird es mich essen? Kann ich mich damit paaren? Wird es sich mit mir paaren? Kenne ich es schon? Es lässt sich also auf Gewinn, Angst, Sex und Erfahrung reduzieren.
John Medina selbst baut seine eigenen Vorlesungen aus diesen Gründen nach einem eigenen Modell auf, dass darauf basiert, dass wir im Normalfall nur zehn Minuten Aufmerksamkeit bekommen.
Nach knapp zehn Minuten geht die Aufmerksamkeit der Zuhörer zurück (bis nahe null). Sie brauchen eine Abwechslung, ein neues Kernthema. Um diesen Übergang spannend zu gestalten und das Interesse seiner Zuhörer neu zu wecken, verwendet Medina einen emotionalen Reiz als Köder. Wie sieht dieser Köder aus: