Ich werde immer mal wieder gefragt, warum man an Soft Skills wie dem Präsentieren arbeiten sollte. Reicht es nicht, im eigenen Fachgebiet gut zu sein, grossartige Ideen zuhaben? Sollte eine gute Idee, gute Arbeit nicht für sich sprechen?
Um es kurz zu machen: Ja, das sollten sie. Und nein, das tun sie in der Regel nicht.
Meine Erfahrung
Ich arbeite seit rund 17 Jahren in der EDV. Als ich in den 90ern angefangen habe, kam gleichzeitig PowerPoint als Präsentationswerkzeug auf. Ich erinnere mich an einige Gelegenheiten, bei denen ein Berater zu uns kam, der uns den grössten Unsinn verkaufen wollte. Und ich sass in diesen Präsentationen und dachte mir: «Das sieht nett aus und die Effekte im PowerPoint sind irgendwie cool. Aber inhaltlich ist das doch ziemlicher Unsinn.» Und dann wurde das Produkt/die Dienstleistung gekauft.
Mehrere solche Erlebnisse haben bei mir den Eindruck gefestigt, dass Präsentationen nur schöne Verpackungen für Mist sind. Und wann immer mir jemand vorgeschlagen hat, mich doch mal mit Präsentationen oder PowerPoint zu beschäftigen, habe ich dankend abgelehnt. Schliesslich kann ich ja «was Richtiges» und will gar keinen Mist verkaufen. Also brauche ich auch nicht diese «Beraterfähigkeiten».
Ungefähr zur selben Zeit fing ich an, meine grossartigen Ideen meinen Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder Kunden vorzustellen – meist, indem ich bei einem Kaffee ungebremst und ungeplant auf sie eingeredet habe. Aber nur selten hat sich jemand für diese Ideen begeistern können. Das lag sicher bei vielen dieser Ideen daran, dass sie alles andere als grossartig waren – aber nicht bei allen. So habe ich mal eine Projektidee allen möglichen Leuten gezeigt und erst nach drei Jahren kam ein «Ach so, so meinst Du das. Das ist wirklich eine gute Idee. Wir machen das.» von jemandem, dem ich das Ganze schon öfter erklärt hatte.
Ich war also in einem Dilemma: Auf der einen Seite waren da die verhassten Berater, die Mist als Gold verkaufen konnten und auf der anderen Seite war ich, dessen Präsentationsversuche regelmässig damit endeten, dass sein Gold als Mist verstanden wurde. Und da dämmerte es mir: Eine gute Verpackung ist auch für gute Ideen/gute Arbeit viel besser als eine schlechte. Nicht ohne Grund investieren Unternehmen heute viel Geld und Zeit in das Verpackungsdesign für ihre Produkte.
Ich habe angefangen, an meinen Kommunikations- und Präsentationsfähigkeiten zu arbeiten. Jetzt stand der Gesprächspartner/das Publikum im Mittelpunkt. Wo steht mein Zuhörer? Wie kann ich meine Idee so vermitteln, dass mein Gegenüber sie versteht? Wie kann ich die Vorteile so vermitteln, dass der andere sieht, wo der Vorteil für ihn liegt? Was ist denn eigentlich meine Kernaussage? Und hey, diese Kernaussage hängt von meinem Publikum ab. Verdammt, das wird ja alles sehr kompliziert.
Und tatsächlich investiere ich heute sehr viel mehr Zeit und Energie darin, eine Präsentation zu planen und zu entwickeln als vor 15 Jahre. Aber das wirklich Wesentliche ist, dass die Stunden oder Tage Vorbereitung dazu führen, dass ich meine Ideen nicht mehr über drei Jahre immer und immer wieder präsentieren muss. Heute mache ich das einmal und bekomme eine Rückmeldung. Und sei das nur, dass die Idee totaler Blödsinn ist.
Klar, wenn man eine Präsentation als eine Zeit ansieht, in der man irgendwo steht und reden muss, ist es zweifelhaft, ob man für 15 Minuten reden zwei oder mehr Tage Vorbereitung investieren sollte. Bei meinen Kunden ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass sie in diesen 15 Minuten einen Partner, Investor oder Kunden überzeugen wollen, viel Aufwand, Geld oder Vertrauen in ein Projekt, ein Produkt oder das Unternehmen zu investieren. Und wenn man die drei Tage Vorbereitung nicht als Investition in 15 Minuten reden ansieht, sondern als Investition in die Zukunft einer Idee, eines Projektes oder sogar eines Unternehmens, ist das doch ein verschwindend geringer Aufwand.
Warum also «besser Präsentieren»?
Aus meiner Erfahrung ist das sehr einfach: Wer besser präsentiert, erreicht mehr als jemand, der genauso gut ist, aber schlechter Präsentiert. Mit dem nötigen Wissen und Übung wird es leichter, andere von einem gemeinsamen Ziel zu überzeugen. Statt also auf der eigenen Idee zu sitzen und zu hoffen, dass endlich mal jemand versteht, wie gut sie doch ist, kann man raus gehen und aktiv Partner finden.
Und was können wir machen um besser zu präsentieren? Das Buch «Presentation Zen» (auf Deutsch «Zen oder die Kunst zu präsentieren») von Garr Reynolds ist ein guter Einstieg in die Materie. Findet Gleichgesinnte, mit denen Ihr gemeinsam üben und Euch austauschen könnt. Überzeugt Eure Vorgesetzten, einen Präsentationstrainer/-coach ins Haus zu holen oder eine Gruppe von Mitarbeitern auf einen Kurs zu schicken.