Vor nicht allzu langer Zeit hat Dr. Ashley Casey von der Universität Bedfordshire uns per Twitter aufgefordert, ihm Feedback zu den Slides eines seiner Vorträge auf Slideshare zu geben. Ich habe Ash in Paris bei einem Seminar von Garr Reynolds kennen gelernt und ich bewundere ihn, weil er in seinem Arbeitsbereich (Sportunterricht – im Physical Education Practitioner Research Network) etwas verändert, neue Wege beschreitet. Also habe ich mir die Zeit genommen und seine Folien angeschaut.
Und neben all dem Positiven ist mir eine Sache aufgefallen: Da waren Folien mit Zitaten aus Bewertungsbögen. Und diese Zitate waren sehr lang; wirklich lang. Eine Folie mit hundert Wörtern stellt ein Problem dar. Und als ich Ash das geschrieben hat, hat er mich logischerweise gefragt, wie man das meiner Meinung nach besser machen könnte. Insbesondere dann, wenn man ein Zitat nicht kürzen darf, kann oder will. Darauf hatte ich spontan erstmal keine Antwort, aber ich habe darüber nachgedacht. Und hier sind nun meine Gedanken dazu.
Wo ist das Problem?
Viel Text auf einer Folie ist schwierig. Die Schrift wird kleiner, von weiter hinten schwerer zu lesen. Ich muss mich entscheiden, ob ich den Text vorlese oder mein Publikum lesen lasse. Lese ich vor, wirke ich irgendwie komisch. Jeder denkt «Das kann ich selbst aber besser lesen.». Und die meisten machen das dann auch. Sie lesen und hören gleichzeitig und nehmen die Information erst richtig auf, wenn sie Gehörtes und Gelesenes «synchronisiert» haben. Da wird das Verstehen schwieriger.
Lasse ich dagegen das Publikum alleine Lesen, habe ich ein anderes Problem: Menschen lesen unterschiedlich schnell. Der eine liest sehr schnell und verkürzt sich dann die Wartezeit, indem er schnell auf dem Smartphone schaut, was sich auf Twitter oder im Posteingang tut. Der andere ist so langsam, dass ihm noch die letzten fünf Wörter fehlen, wenn ich weitermache. In beiden Fällen habe ich Probleme, wieder die volle Aufmerksamkeit zu bekommen.
Wie man es auch dreht und wendet: Es ist schwierig mit solchen Zitaten/Texten umzugehen. Der einfachste Lösungsansatz wäre es, das Zitat auf 10, 15 Wörter zu kürzen. Manchmal kann man das nicht, weil es denn Sinn verfälschen würde. Manchmal darf man es nicht, weil der Zitierte darauf besteht, genau so – in diesen Worten und ohne Kürzungen – zitiert zu werden. Und manchmal will man ein Zitat einfach nicht kürzen, weil es gut ist – genau so wie es ist. Was kann man also machen?
Generell sollte der Text des Zitats eher im Handout als auf einer Folie landen. Die Teilnehmer können es dann zuhause nachlesen und müssen es aber nicht während des Vortrags sehen/lesen.
Lösungsansatz 1: Vorlesen ohne Folie
Die technisch einfachste Lösung ist es, das Zitat von einem Blatt Papier abzulesen, statt es auf der Folie zu zeigen. Hat man zum Beispiel einen Evaluationsbogen, kann man direkt vom Original ablesen. Dadurch verhindert man einerseits, dass man dämlich aussieht, weil man das vorliest, was die Zuschauer auch selbst lesen könnten. Und andererseits ist das Problem der unterschiedlichen Lesegeschwindigkeit weg. Auf einer Folie kann man ein Bild der zitierten Person, eventuell Name, Funktion, Alter, … zeigen. Und falls man das Gefühl hat, dass das Zitat aber auf der Folie erscheinen muss: Den Text erst nach dem Vorlesen einblenden!
Dabei bleibt aber das Problem bestehen, dass man etwas vorliest. Dadurch verliert man den (Blick–)Kontakt zu den Teilnehmern.
Lösungsansatz 2: Audio
Der zweite Lösungsansatz ist, zu der Folie mit einem Bild, oder den Daten der zitierten Person einen Audioclip mit dem Zitat einzuspielen. Idealerweise ein Audioclip von dieser Person. Wenn man zum Beispiel aus einem Interview zitiert, ist da vielleicht noch die Audiodatei, die aufgezeichnet wurde. Ist es etwas, was jemand zum Beispiel in einem Youtube Video sagt, kann man den Ton extrahieren. Oder man ruft den zitierten an – bittet um Erlaubnis – und zeichnet das Zitat nochmals auf.
Ist all das nicht möglich, kann man auch Aufzeichnen, wenn jemand anderes das Zitat vorliest. Wichtig: Es wäre verwirrend, wenn eine tiefe, männliche Stimme (Vincent Price) ein Zitat eines weiblichen Teenagers vorträgt – und umgekehrt.
Lösungsansatz 3: Video
Es ist heute problemlos möglich, einen Videoclip in eine Präsentation einzubinden. Wenn also ein Video besteht: Rein damit! Das ist dann eine willkommene Abwechslung. Und wenn kein Video besteht: Warum nicht eins machen? Je nach Budget und Wichtigkeit der Präsentation kann es sich lohnen, jemanden zu besuchen, um das Zitat noch im Video festzuhalten und dann zu verwenden.
Videos sind (noch) nicht Mainstream. Durch sinnvoll (!) eingebettete Videos kann man sich von der Masse abheben, zusätzliches Interesse gewinnen. Ausserdem ist es etwas anderes, wenn ich sage «Der CEO eines Fortune-500 Unternehmens ist unglaublich glücklich, mit unserer Idee zu arbeiten.» als wenn dieser CEO per Video erscheint und selbst sagt, dass er in seinem ganzen Leben noch nie so glücklich war …
Achtung bei Multimedia!
So gut Audio und Video auch sind um Zitate einzubetten, ist dennoch Vorsicht geboten: Wir müssen vor der Präsentation sicherstellen, dass das Publikum über die Audioanlage auch wirklich alles hört. Manche Anlage ist für die Grösse des Raums unterdimensioniert, an andere kriegt man sein Notebook erst nach einem Doktortitel in Elementarphysik angeschlossen und häufig gibt es schlicht keine Audioanlage. Also erst abklären, bevor man sich für diese Optionen entscheidet.
Und wie bei jeder Technik: Alternativen vorbereiten. Was machen wir wenn die Audioanlage ausfällt? Was machen wir, wenn der Beamer ausfällt?